Liebe Leut',
der internationale Weltfrauentag hat nun mal wieder gezeigt, wie die Situation von Frauen hierzulande ist: Sie werden an diesem Tag auf offener Straße von fremden Männern mit Blumen beschenkt (oder bekommen Werbebroschüren in die Hand gedrückt). Dabei hatten wir Blumen doch erst am Valentinstag, wo kommen wir da hin, wenn wir den Frauen ständig Blumen schenken. Gut, das kann natürlich an dem Aspekt liegen, dass wir ein Wahljahr haben, womit die Frau ganz besonders in den Fokus rückt, sind 50 % der Bevölkerung doch weiblichen Geschlechts. Sich der gemeinen Frau im allgemeinen zu erinnern, ist also ein ganz praktischer Gedanke, schließlich kann man sie nach der Wahl hinsichtlich der Gleichstellung/Gleichbehandlung/Gleichbezahlung wieder vergessen. Wir wollen kurz einen Blick auf den Ursprung des Weltfrauentags werfen, der auf sozialistische Organisationen zurückgeht, naja: eigentlich auf die Idee von Clara Zetkin. An dieser Stelle frage ich mich bereits, ob es sich um "kulturelle Aneigung" handelt, wenn Konservative sich diesen ursprünglich sozialistischen Tag zunutze machen. Und ich habe einen solchen Konservativen in Aktion gesehen, leibhaftig. Aber das nur am Rande. Eigentlich ging es bei dem Weltfrauentag damals - damals heißt 1911 - um Frauenwahlrecht, Emanzipation von Arbeiterinnen und Gleichberechtigung. Da haben wir sie schon wieder, die Sache mit der Gleichberechtigung. Ich habe in den letzten Tagen in den sozialen Netzwerken wiederholt die Frage gelesen, warum es keinen solchen Tag für Männer gibt. Doch, gibt es. Sogar zwei. Der Eine ist als Weltmännertag auf den 3. November terminiert. Das ist aber kein Tag, an dem man sich als Herr der Schöpfung volllaufen lassen kann - also nicht zu verwechseln mit dem Vatertag. Der Weltmännertag dient der Männergesundheit und soll im Schwerpunkt an die Vorsorgeuntersuchungen erinnern. Das heißt, da wird mit jenen Leberwerten gewedelt, auf die man am Vatertag noch gepfiffen hat. Der andere Tag ist der "internationale Männertag", der sowohl die Männergesundheit, als auch die "Gleichberechtigung der Geschlechter" sowie das "Hervorheben männlicher Vorbilder" auf der Agenda hat. Das ist dann schon deutlich komplizierter. Und dieser Tag findet am 19. November statt, gleichzeitig mit dem Welttoilettentag. Ich weiß nicht, ob dieser Zusammenhang gelungen ist. Hätte man den Welttoilettentag auf den Internationalen Frauentag gelegt, da wäre wieder was los gewesen und die Tastatur von Alice Schwarzer hätte weiß geglüht. Aber das Mannsvolk ist bei sowas nunmal eher stoisch veranlagt, heißt: Mit uns kann man es ja machen. Der Internationale Weltfrauentag ist eigentlich eine schöne Sache für das schöne Geschlecht. Wobei das jetzt fast schon wieder sexistisch ist. Also formuliere ich lieber um und sage, dass der Internationale Weltfrauentag eine hervorragende Sache ist, um das weibliche Geschlecht zu würdigen. Was wiederum nicht ganz korrekt ist, weil es heißen müsste, dass der Internationale Frauentag eine hervorragende Sache ist, um all jene zu würdigen, die sich dem weiblichen Geschlecht zugehörig fühlen. Pfff. Ich habe jetzt echt meinen guten Willen gezeigt und versucht, eine korrekte Formulierung zu finden... das dünne Eis der politischen Unkorrektheit ist irgendwie viel schöner für Glossisten. Oder Glossist*innen. Ich hoffe, dass alle, alle, die sich damit identifizieren können, einen schönen internationalen Weltfrauentag hatten und von gleichem Geld für gleiche Leistung zumindest schön geträumt haben. Das Wetter.
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