Liebe Leut', tatsächlich möchte ich heute die Luftnummer des Dezembers aufgreifen, die durch die Schlagzeile entstand, dass eine Hamburger Kita keinen Weihnachtsbaum aufstellen wolle, mit der Begründung, kein Kind soll mit seinem Glauben ausgeschlossen werden. Nun repräsentiert üblicherweise das Kreuz den christlichen Glauben, nicht der Baum. Ich will mir gar nicht ausmalen, was hätte geschehen müssen, damit man einen bunt geschmückten Baum anbetet. Aber sei es drum. Während manche Medien das Ganze nach dem Motto aufkochten, dass da kein Baum mehr aufgestellt würde, weil man praktisch vor der Übermacht Andersgläubiger kapituliert, bis hin zur Selbstaufgabe der deutschen Kultur, versuchte die Kita zu erklären, dass man auch in der Vergangenheit mal einen Baum aufgestellt habe, und mal keinen. Da war der Baum aber schon in den Brunnen gefallen und das Stimmungsbild in den sozialen Medien entwickelte sich entsprechend, flankiert von quasiradikalisierten Promis, wie beispielsweise der ehemaligen Christbaumkönigin Julia Klöckner (oder war das eine Weinkönigin?) und Markus Söder, CSU (was möglicherweise auch für "Christbäume sind unser" steht). Dass in der Kita in den letzten 10 Jahren überhaupt nur etwa dreimal ein Christbaum aufgestellt wurde - geschenkt. Wen interessieren schon Fakten, wenn die Witterung aufgenommen worden war, dass es um die Abwehr der "Cancel Culture" ginge, um den Kampf für deutsches Kulturgut, um die Zerstörung linksgrünversiffter Übernahmegedanken einer Kita? Mich wundert, dass die Meinungslandschaft nicht noch damit aufwartete, dass alle, die keinen Christbaum aufstellen, in einem Arbeitslager gut aufgehoben wären. Wobei ich mich frage, wie das alles sein kann, da den Kirchen doch seit Jahren die Gläubigen in Scharen davonlaufen. Hier jedenfalls hat sich die fersengeldgebende Glaubenstruppe nochmals zu einer Art Christbaumverteidigungszug zusammengefunden, als sei das die berühmte letzte Verteidigungslinie des Abendlands. Die Sache war natürlich hausgemacht, weil das Kitapersonal in freundlichster Absicht vorab in einem bestenfalls ungeschickt zu nennenden Schreiben an die Eltern verkündet hatte, dass "keine christlichen Feste gefeiert werden sollen". In einer Gesellschaft, deren hysterisches Pendel mal nach links, mal nach rechts ausschlägt, ist das so wie Zündeln in der Pulverfabrik, oder auch Ärger mit Ansage. Die Frage ist, weshalb eine völlig sinnlose Diskussion in einer Hamburger Kita zu einem gesamtdeutschen Medienhype führen kann. Der Christbaum ist dabei völlig egal. Wir sehen an diesem alten Brauch, in welchem Zustand diese Gesellschaft ist. Das Wetter.
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