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Die Dame ohne Unterleib

Liebe Leut', es ist wahr - in Stuttgart wurde neulich ein Auftrittsverbot gegen den Besitzer einer historischen Volksfestbude aus der Nachkriegszeit ausgesprochen. Überhaupt sind Schausteller seit zwei Jahren nicht unbedingt gesegnet mit Arbeitsmöglichkeiten, aber am Neckarstrome wollte man keine "Freakshow" haben. Eigentlich würde ein solches Vorgehen eher in das Land des bayerischen Imperators passen. Doch es ist anzunehmen, dass der Amtsschimmel auch im sonst so sparsamen Schwaben trotz knapper Mittel üppig gefüttert wird. Anders ist nicht zu erklären, weshalb eine der ältesten Varietenummern überhaupt, nämlich "Die Dame ohne Unterleib", dort nicht dargeboten werden darf. Um die ging es nämlich. Vermutlich weiß man nichts von den großen Zeiten der einstigen Attraktionen auf Jahrmärkten, als Flohzirkus, Wahrsager und Drehorgelspieler das Publikum zum Staunen brachten. Auch Kasperletheater gehörte dazu, das heutzutage viel lustiger von Bürokraten zelebriert wird, wie mir scheint. Würde man heute aber als Attraktion den "infizierten Dämlack" darbieten, wäre die Erlaubnis wohl sicher, Mindestabstand und Mundschutz beim Dämlack nebst Vollkaskoimpfung vorausgesetzt. Schwieriger wäre dann schon eine Erlaubnis für "Hau den Lukas", wo man erst das Jugendamt hinzuziehen müsste ob des Verdachtes der Kindesmisshandlung. Möglicherweise hat man von der Dame ohne Unterleib schlicht eine falsche Vorstellung. Oder liegt es an der Gleichberechtigung? Wäre das Problem gelöst, würde man "Mensch ohne Unterleib" präsentieren? Oder findet man das diskriminierend, wenn Menschen ohne Unterleib präsentiert werden, weil sie nicht komplett sind? Schon klar, kopflose Adelige werden seit der französischen Revolution toleriert, man darf sich im Fernsehen zuhauf Prominente ohne Hirn ansehen, Sänger ohne Stimme, Schauspieler ohne Talent, Politiker ohne Plan, da hat niemand etwas dagegen, dass die nicht komplett sind, aber als komplett verkauft werden. Doch sobald vom Unterleib die Rede ist, wittert man womöglich Ferkeleien und es wird spießig. Apropos Spieß: Die sieben Schwaben seinerzeit trugen im gleichnamigen Märchen der Gebrüder Grimm einen solchen, unter der Führung eines gewissen Herrn Schulz. Heutzutage würde das Stuttgarter Ordnungsamt dem Vorhaben einen Riegelvorschieben, denn sieben Schwaben am Spieß - das klingt dann schon wieder sehr nach Freakshow. Das Wetter.

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